Je mehr unser Alltag, unser Berufs- und unser Privatleben, von Computern, Smartphones und intelligenten Maschinen und Geräten geprägt werden, um so mehr helfen und beeinflussen uns Algorithmen. Algorithmen erledigen manches schon, ohne uns nochmals oder überhaupt zu fragen. In vielen anderen Fällen treffen sie zumindest eine Vorauswahl. Algorithmen bestimmen Abläufe, sie sortieren vor. Manches nehmen wir gar nicht mehr wahr, weil es nicht vorne abgelegt wurde.
Welchen Film wollen wir bei unserem bevorzugten Video-Streamingdienst sehen? Welche Musik sollen wir hören? Welche Ärzte werden uns von der Suchmaschine weit oben vorgeschlagen und welches Hotel? Das hat natürlich wirtschaftliche Auswirkungen für die gefundenen wie für die nicht-gefundenen Anbieter. Und es hat ebenso Auswirkungen auf Sie: Im Idealfall sparen Sie Geld. Oder Sie bekommen ein bequemeres Bett in einem größeren Zimmer. Aber lassen sich beispielsweise „Qualität“ und „Atmosphäre“ wirklich definieren und von einem Algorithmus erfassen?
Essen, Job, Partner: alles nur noch Algorithmus?
Algorithmen haben unter Umständen beim dem ein oder anderen Hotelsuchenden zuvor sogar „entschieden“ oder vorgefiltert, mit wem sie oder er das Zimmer teilen wird. Denn auch die Internet-Partnerportale arbeiten mit Algorithmen. Sie beeinflussen damit so wesentliche Dinge wie unser Liebesleben, die Fortpflanzung, die Wohnortwahl und alles, was daraus folgt. Das kann dann auch den Jobwechsel auslösen, weil Frau und Mann zum Beispiel zusammenziehen und die Entfernung zu groß wird.
Was ist ein Algorithmus überhaupt?
Algorithmen bestehen aus zuvor exakt definierten einzelnen Schritten. Deshalb können sie programmiert werden und sind elementar für die Lösung von Aufgaben im Computerzeitalter. Informatik ohne Algorithmen ist eigentlich unvorstellbar.
Algorithmen können aber auch ganz ohne Computer zum Beispiel in der Schulmathematik oder in der Elektronik eingesetzt werden. Zum Beispiel stecken hinter jedem Schalten einer Verkehrsampel Algorithmen, die dieses Verhalten steuern.
Algorithmen können auch in menschlicher Sprache formuliert werden. „Wenn zwei Strecken unterschiedlich lang sind, wähle die kürzere Strecke“, wäre zum Beispiel ein einfacher Algorithmus sprachlich ausgedrückt. Dies funktioniert heute und auch schon für einen Boten im alten Athen.
Nimmt man nun etliche weitere Algorithmen hinzu, wie zum Beispiel „Sind eine Autobahnstrecke und eine Nicht-Autobahnstrecke gleich lang, dann entscheide dich für die Autobahnstrecke“, dann kann man – zumindest ansatzweise – die Vorgehensweise eines Navigationssystems auch sprachlich definieren. Was es Auftraggebern erleichtern kann, einen Programmierer zu briefen. Es geht immer um eine bestimmte, zuvor definierte Aufgabe.
Algorithmen befreien uns – und sind manipulierbar.
Algorithmen sind und waren unverzichtbar. Sie nehmen uns viel Arbeit ab. Sie schenken uns Zeit, die wir hoffentlich sinnvoll nutzen. Sie können aber auch in bestimmte Richtungen gesteuert werden. Vom Programmierer und vom Auftraggeber des Programmierers. Aber auch von jenen, die von einem Algorithmus erfasst werden. Wer weiß, wie der Crawler einer Suchmaschine und die dahinter stehenden Rechenoperationen ablaufen, kann sich selbst in Suchergebnissen nach oben katapultieren. Das nützt dem Unternehmen, welches dieses Wissen hat und umsetzt – und schädigt indirekt den Konkurrenten. Doch der hatte vielleicht das bessere Produkt, den besseren Service, die menschlichere Vision? Und dies gilt nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Kultur und der Politik.
Die richtige Mischung aus Algorithmus und Bauchgefühl zu finden, ist wohl entscheidend für unsere Zukunft.