Was beeinflusst die Personalentscheidungen von morgen? Wie können Kandidaten zusätzlich punkten? – Beginnen wir mit den klassischen Komponenten: Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse und Zertifikate. Verschieben sich hier die Gewichte der Bewerbung in der Zukunft?
Die Einschätzung der Bedeutung der einzelnen Elemente weicht bei Aspiranten und Personalabteilungen teils erheblich ab. So empfindet die Mehrzahl der Kandidaten das eigentliche Bewerbungs-Anschreiben heute und in Zukunft als besonders wichtig. Dagegen sinkt aus Firmensicht die Bedeutung des Anschreibens. Dafür rückt noch mehr als bisher der Lebenslauf ins Zentrum des Interesses von potentiellen Arbeit- und Auftraggebern.
Lebenslauf und Praxis in Zukunft nicht zu toppen
Lebenslauf und die sich darin spiegelnde Berufspraxis schätzen Personalvermittler im IT-Bereich auch zukünftig als besonders bedeutsam ein. Hier spielt mit hinein, dass die Online-Bewerbung weit mehr als die frühere Bewerbung per Post dazu verführt, Lebensläufe, Abschlüsse und Zertifikate vor dem Anschreiben zu begutachten. Früher fiel der erste Blick des Entscheiders oder Vorentscheiders automatisch auf das Anschreiben und das Bewerberfoto. Das ist heute nicht mehr so. Aktuell und zukünftig werden die anderen Bestandteile oft vorgezogen. In zahlreichen Fällen ist die Vorauswahl getroffen, bevor das Anschreiben überhaupt gewürdigt wurde. Häufig wird es nicht einmal zur Kenntnis genommen.
Das früher einmal bedeutsame Schulzeugnis verliert weiter rapide an Einfluss auf Personalentscheidungen. Besonders stark ausgeprägt ist dies, wenn Unternehmen IT- und Software-Experten suchen. Hier ist das Schulzeugnis nahezu bedeutungslos. Wichtig bleiben heute und in Zukunft die Berufspraxis, Weiterbildungen, letzte Arbeitszeugnisse und Referenzen, FH- und Uni-Abschlüsse sowie Sprachkenntnisse.
Algorithmen filtern Bewerber. Ein Trend, der sich zukünftig fortsetzt
Moderne Bewerbungs-Managementsysteme sind schon heute in der Lage anhand zuvor definierter Algorithmen Bewerber vorzufiltern. Erst dann beschäftigt sich ein Mensch mit den Dateien und Dokumenten. Die Bedeutung von Software bei Personalentscheidungen wird in den kommenden Jahren wachsen, verheißt sie doch Kosten- und Zeitersparnisse aber auch mehr Neutralität, etwa in Hinblick auf das Geschlecht, das Aussehen oder den familiären Hintergrund der Bewerber. Digitalisierung und Internet erleichtern auch das persönliche Kennenlernen der Kandidaten. Viele Personalvermittler und Unternehmen nutzen schon heute Videointerviews.
Soziale Netzwerke verbessern die Sichtbarkeit potentieller Kandidaten
Während sowohl die Online- wie die E-Mail-Bewerbung längst Standard ist, ist das Bild bei den großen beruflichen Netzwerken Xing und LinkedIn zwiespältiger. Es gehört mittlerweile dazu, bei mindestens einem der führenden Netzwerke ein Profil zu unterhalten. Und Xing und LinkedIn haben für Kandidaten den Vorteil, im Netz auffindbar zu werden. Bei stark nachgefragten Qualifikationen werden Kandidaten auch direkt dort kontaktiert, besonders in der IT-Branche ist dies häufig der Fall. Angenehm für die Kandidatin oder den Kandidaten – doch die eigentliche Entscheidung für einen Bewerber fällt in aller Regel nicht hier. Die Netzwerke dienen primär der Anbahnung der Kontakte. Die Mehrzahl der erfolgreichen Bewerbungen geschieht heute und auch in voraussehbarer Zukunft über Personalvermittlungen, Jobportale und die Internetauftritte der Firmen.
Entscheidung über Bewerbung in der Zukunft rationaler
Das Positive an diesen Trends: Komponenten, die die Kandidaten selbst aktuell beeinflussen können, wie der Lebenslauf, gewinnen an Einfluss. Algorithmen machen den Bewerbungsprozess und besonders die Vorauslese rationaler und neutraler. Weit Vergangenes, wie das Schulzeugnis, wird noch unbedeutender. Fähigkeiten rücken noch mehr ins Zentrum. Alles Faktoren, die aktiven Selbstständigen und Freiberuflern tendenziell entgegenkommen.